"Stadt hat sich selbst entreichert"
Bevorstehende Kürzungen für Jugendarbeit
bestimmten Polit-Rondo
Das Bürgergespräch im "Grünen
Polit-Rondo" zum Thema Kulturpolitik wurde schnell von einer
Grundsatzdiskussion bestimmt, die vor allem sozial- und
jugendpolitische Fragen in den Mittelpunkt stellte. Interessierte
und kulturengagierte Bürger fragten nach den Hintergründen zu der
von der Stadt neu gegründeten Weltkulturerbestiftung und ihren
Folgen für die Vereine in Bamberg.
Die beiden GAL-Stadträte Wolfgang Grader und
Wolfgang Budde erläuterten, dass frei werdende Wertpapiere der
Stadt in Höhe von 7,66 Mio Euro in die Stiftung fließen würden,
und dass aus dem Erlös dieses Stiftungsvermögens der jährliche
Kulturetat abgedeckt werden solle. "Ob das für die
Kulturvereine der Stadt ein Nachteil ist, wird sich im Einzelnen
zeigen", meinte Landtagskandidat Wolfgang Grader, "es wird
darauf ankommen, wie gut die Kontakte der Vereine zum Stiftungsrat
sind, denn der Stadtrat hat über dieses Geld dann keine
Entscheidungsbefugnis mehr – die Geldvergaben finden unter
Ausschluss der Öffentlichkeit statt."
Wolfgang Budde stellte klar, dass sich die Stadt
nicht nur demokratischen Spielraum genommen habe, sondern auch
finanziellen: "Dieses Geld ist dem städtischen Haushalt
entzogen, liegt ein für allemal in der Stiftung fest und kann durch
politische Entscheidungen auch nicht mehr für andere Zwecke
eingesetzt werden, etwa im sozialen oder im Jugendbereich."
Diese Verbände werden seiner Meinung nach auch am meisten unter der
Entscheidung leiden. Nach Buddes Informationen wurde den Jugend- und
Sozialverbänden von der Stadtverwaltung bereits mitgeteilt, dass
die im Haushalt 2003 eingestellten Zuschüsse nicht in vollem Umfang
ausgezahlt werden könnten. Da einige Verbände vertragliche
Absicherungen gegenüber der Stadt hätten, träfe es andere umso
härter: "Mit 40%igen Kürzungen müssen einige Projekte
rechnen, wie etwa die Jugendtreffs in St.Anna und St.Urban, der
Kinderschutzbund oder das Mütterzentrum Känguruh."
Grader und Budde kritisierten besonders, dass
Stadtspitze und Stadtratmehrheit mit ihrer überdimensionierten
Finanzierung der Weltkulturerbestiftung diese Situation absichtlich
herbeigeführt hätten. Budde sagte: "Wenn dann die Regierung
von Oberfranken zu drastischem Sparen bei den freiwilligen
Leistungen zwingt, glaubt man wohl die Verantwortung nach Bayreuth
schieben zu können – in Wirklichkeit hat sich die Stadt durch die
Stiftung bewusst und mit Absicht selbst entreichert."
MdB Ursula Sowa betonte, dass insbesondere die
Jugendverbände auch schon auf Landesebene enorme Mittelkürzungen
zu verkraften hätten. Laut Angaben des Bayerischen Jugendrings
standen für Investitionen im Jahr 2002 nur noch 59% der Mittel von
1985 zur Verfügung, und auch bei der Jugendbildung müssen die
Verbände heute sechs mal so viele Eigenmittel aufbringen wir 1985.
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