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Pressemitteilung vom 24. Februar 2002

Bamberger Sonnendach im Schneegestöber installiert

Erste großflächige Solarstromanlage in Bamberg – Projekt wurde von Bamberger Bürgern ins Leben gerufen und finanziert


Montage-HelferInnen des Bamberger Sonnendachs am 22.2.2002 auf dem Dach der FOS an der Ohmstraße

An Sonne war nicht einmal im entferntesten zu denken, als am Freitag nachmittag bei eisigem Wind und Schneegestöber das "Bamberger Sonnendach" auf dem Dach der Fachoberschule an der Ohmstraße montiert wurde. Es ist die erste großflächige Solarstromanlage, die in Bamberg installiert wird – und damit beginnt, so hofft zumindest der Initiator Peter Gack, "eine solare Zukunft für unsere Stadt".

Sechs Tonnen Kies und 45 Photovoltaik-Module warteten auf ungefähr zwanzig freiwillige Helfer und Helferinnen, die sich – pünktlich zum unerwünschten Wintereinbruch – bei der FOS trafen. Per Lastenaufzug plus Muskelkraft wurde alles auf das oberste Flachdach des Schulgebäudes transportiert. Dort wurden die Module dann auf große Plastikwannen geschraubt. Dass diese, mit Kies beschwert, sicher auf dem Dach stehen, konnte bei stürmischem Wind gleich konkret nachgewiesen werden.

"Beim Bamberger Sonnendach mitzuhelfen ist eine Ehrensache für mich", meinte Karin Zieg vom Verein Vierether Kuckucks-Ei, "ich sehe das als Event, wo ich einfach dabei sein muss." Klamme Finger und völlig durchnässte Kleidung waren das eine Ergebnis dieses Events – erschöpft-zufriedene Gesichter und beste Laune bei anschließendem Kaffee, Tee, Käsebrötchen und Mohnschnecken das andere. In zwei Wochen geht es allerdings weiter. Bis dahin hat die Herstellerfirma die Lieferung der restlichen 100 Module zugesagt.

Nicht nur der Aufbau der Solarstrom-Anlage – übrigens die bisher Größte in Bamberg – ist eine Gemeinschaftsaktion, sondern auch die Finanzierung. 13 Bürger und Bürgerinnen haben insgesamt 80.000 DM dafür aufgebracht, dazu kommt ein zinsgünstiges Darlehen von 200.000 DM aus dem 100.000.-Dächer-Programm der rot-grünen Bundesregierung. Mit diesem Investitionsvolumen konnte Peter Gack das Unternehmen "Bamberger Sonnendach" gründen, das auf seinen Namen als Gewerbe angemeldet ist und die 13 Bamberger Kleininvestoren als Beteiligte führt. Sie haben ihr Geld auf 20 Jahre fest angelegt und können – je nach Sonnenlage – mit einer Verzinsung von 3,25% rechnen. "Wir sehen das aber nicht nur als reine Geldanlage", sagt Erich Spranger, einer der Mitbeteiligten. Die meisten Sonnendach-Gesellschafter haben selbst kein eigenes Dach für eine Solarstromanlage, wollen aber trotzdem zukunftsfähige Energien unterstützen. "Wir setzen gemeinsam unsere eigene Energiewende in die Tat um."

Entstanden ist die Idee eigentlich aus einer "großen Portion Wut heraus", erinnert sich Peter Gack, der für die Grün-Alternative Liste GAL im Stadtrat ist. "Ludwig Trautmann-Popp vom Bund Naturschutz war im vergangenen Sommer in unserer Fraktion zu Gast und wir schimpften darüber, dass sich energiepolitisch in Bamberg so gut wie nichts bewegt, obwohl es mittlerweile so tolle Fördermöglichkeiten gibt." Und dann habe er beschlossen, seinen Ärger einfach in Taten umzusetzen.

Mitstreiter waren bei GAL, Bund Naturschutz und Vierether Kuckucks-Ei schnell gefunden. Über die beiden Vereine, auf Zeitungsartikel im FT und die Internet-Homepage der GAL meldeten sich zahlreiche Interessierte. "Und dann lief alles wie geschmiert", so Gack. Das städtische Amt für Gebäudewirtschaft bot "ganz unbürokratisch" das Dach auf dem Neubau der FOS an. "Und auch Schulleiter Werner Pörner war gleich von der Sache überzeugt."

Schließlich hatte Peter Gack als Projekt-Verantwortlicher noch einige Hürden zu nehmen: Ein Statiker prüfte die Tragfähigkeit des Daches. Ein Rechtsanwalt und ein Steuerberater sicherten die rechtsformale und finanzielle Organisation ab. Von Solarfirmen mussten Kostenvoranschläge eingeholt und die Darlehens-Finanzierung beantragt werden.

Im Dezember 2001 stand dann fest: Alles klappt. Innerhalb von drei Wochen zeichneten 13 sogenannte atypisch stille Gesellschafter ihre Beteiligungen, kurz darauf kam die Darlehenszusage und wurde der Mietvertrag mit der Stadt unterzeichnet. "Das war zeitweise eine ganz schöne Zitterpartie", meint Peter Gack rückblickend, "es gab immer wieder neue Unwägbarkeiten und Unsicherheiten – jede Minute hätte das Projekt ebenso gut auch scheitern können." Aber er hat es geschafft – und heute ist er heilfroh darüber.

So froh offensichtlich, dass er sich schon an die Planung der nächsten Solar-Projekte macht. Denn das FOS-Dach war gar nicht groß genug, um alle Investitionswilligen auch tatsächlich zu beteiligen. Deshalb hat Gack nun das Dach der Gaustadter Grundschule im Visier, während Ludwig Trautmann-Popp vom BN auf dem E.T.A.-Hoffmann-Gymnasium eine Photovoltaik-Anlage installieren möchte. Dass das "Bamberger Sonnendach" schon vor seiner Inbetriebnahme Schule macht, zeigen die vielen Anfragen, die Peter Gack inzwischen erreichen. In Bischberg, Hallstadt und Staffelstein stehen energie-engagierte Bürger und Bürgerinnen bereits in den Startlöchern, aber auch aus dem Landkreis Hof und Niederbayern meldeten sich schon erste Nachahmer.

Für den Stadtrat und energiepolitischen Sprecher der GAL hat das "Sonnendach" verständlicherweise auch eine politische Dimension. Er kritisiert seit Jahren die "träge Energiepolitik der Stadt und der Stadtwerke": Die Stadt verwirkliche keine eigenen Projekte mit alternativen Energien, sie setze daher zu wenig Impulse. Außerdem gebe die Stadt Privatleuten praktisch keine Informationen über Fördermöglichkeiten. "Mit dem Sonnendach möchten wir erreichen, dass der Funke überspringt, dass Bamberg sich zu einer Solarstadt entwickelt."

Als Messlatte sieht der ehrgeizige GAL-Stadtrat die "Solarbundesliga", eine Ranking-Liste, an deren Spitze derzeit das brandenburgische Geesow liegt. Dort sind bereits 1412 Watt Solarstromleistung pro Kopf über installiert – das ist tausendmal so viel wie in Bamberg (nach Inbetriebnahme des Sonnendachs!). In dieser Bundesliga wird Bamberg mit bald 1,4 Watt pro Kopf ungefähr auf Platz 127 rangieren - das ist nicht gerade umwerfend, aber immerhin: knapp über dem Bundesdurchschnitt von 1,3 Watt.

Diese vielleicht sonnigen Aussichten mögen auch eine Art Belohnung für die zwanzig Tatkräftigen am Freitag nachmittag gewesen sein – neben den Dankeschön-Päckchen, die sie überreicht bekamen: Grüntee "Green Energie" und eine Sonnenblume als Schwimmkerze.


Peter Gack, der Initiator des Sonnendachs, und Katharina Müllerschön bei der Montage