Bamberger Sonnendach im Schneegestöber
installiert
Erste großflächige Solarstromanlage in
Bamberg – Projekt wurde von Bamberger Bürgern ins Leben gerufen
und finanziert
Montage-HelferInnen des Bamberger Sonnendachs am 22.2.2002 auf dem
Dach der FOS an der Ohmstraße
An Sonne war nicht einmal im entferntesten zu
denken, als am Freitag nachmittag bei eisigem Wind und
Schneegestöber das "Bamberger Sonnendach" auf dem Dach
der Fachoberschule an der Ohmstraße montiert wurde. Es ist die
erste großflächige Solarstromanlage, die in Bamberg installiert
wird – und damit beginnt, so hofft zumindest der Initiator Peter
Gack, "eine solare Zukunft für unsere Stadt".
Sechs Tonnen Kies und 45 Photovoltaik-Module
warteten auf ungefähr zwanzig freiwillige Helfer und Helferinnen,
die sich – pünktlich zum unerwünschten Wintereinbruch – bei
der FOS trafen. Per Lastenaufzug plus Muskelkraft wurde alles auf
das oberste Flachdach des Schulgebäudes transportiert. Dort wurden
die Module dann auf große Plastikwannen geschraubt. Dass diese, mit
Kies beschwert, sicher auf dem Dach stehen, konnte bei stürmischem
Wind gleich konkret nachgewiesen werden.
"Beim Bamberger Sonnendach mitzuhelfen ist eine
Ehrensache für mich", meinte Karin Zieg vom Verein Vierether
Kuckucks-Ei, "ich sehe das als Event, wo ich einfach dabei sein
muss." Klamme Finger und völlig durchnässte Kleidung waren
das eine Ergebnis dieses Events – erschöpft-zufriedene Gesichter
und beste Laune bei anschließendem Kaffee, Tee, Käsebrötchen und
Mohnschnecken das andere. In zwei Wochen geht es allerdings weiter.
Bis dahin hat die Herstellerfirma die Lieferung der restlichen 100
Module zugesagt.
Nicht nur der Aufbau der Solarstrom-Anlage –
übrigens die bisher Größte in Bamberg – ist eine
Gemeinschaftsaktion, sondern auch die Finanzierung. 13 Bürger und
Bürgerinnen haben insgesamt 80.000 DM dafür aufgebracht, dazu
kommt ein zinsgünstiges Darlehen von 200.000 DM aus dem
100.000.-Dächer-Programm der rot-grünen Bundesregierung. Mit
diesem Investitionsvolumen konnte Peter Gack das Unternehmen
"Bamberger Sonnendach" gründen, das auf seinen Namen als
Gewerbe angemeldet ist und die 13 Bamberger Kleininvestoren als
Beteiligte führt. Sie haben ihr Geld auf 20 Jahre fest angelegt und
können – je nach Sonnenlage – mit einer Verzinsung von 3,25%
rechnen. "Wir sehen das aber nicht nur als reine
Geldanlage", sagt Erich Spranger, einer der Mitbeteiligten. Die
meisten Sonnendach-Gesellschafter haben selbst kein eigenes Dach
für eine Solarstromanlage, wollen aber trotzdem zukunftsfähige
Energien unterstützen. "Wir setzen gemeinsam unsere eigene
Energiewende in die Tat um."
Entstanden ist die Idee eigentlich aus einer
"großen Portion Wut heraus", erinnert sich Peter Gack,
der für die Grün-Alternative Liste GAL im Stadtrat ist.
"Ludwig Trautmann-Popp vom Bund Naturschutz war im vergangenen
Sommer in unserer Fraktion zu Gast und wir schimpften darüber, dass
sich energiepolitisch in Bamberg so gut wie nichts bewegt, obwohl es
mittlerweile so tolle Fördermöglichkeiten gibt." Und dann
habe er beschlossen, seinen Ärger einfach in Taten umzusetzen.
Mitstreiter waren bei GAL, Bund Naturschutz und
Vierether Kuckucks-Ei schnell gefunden. Über die beiden Vereine,
auf Zeitungsartikel im FT und die Internet-Homepage der GAL meldeten
sich zahlreiche Interessierte. "Und dann lief alles wie
geschmiert", so Gack. Das städtische Amt für
Gebäudewirtschaft bot "ganz unbürokratisch" das Dach auf
dem Neubau der FOS an. "Und auch Schulleiter Werner Pörner war
gleich von der Sache überzeugt."
Schließlich hatte Peter Gack als
Projekt-Verantwortlicher noch einige Hürden zu nehmen: Ein Statiker
prüfte die Tragfähigkeit des Daches. Ein Rechtsanwalt und ein
Steuerberater sicherten die rechtsformale und finanzielle
Organisation ab. Von Solarfirmen mussten Kostenvoranschläge
eingeholt und die Darlehens-Finanzierung beantragt werden.
Im Dezember 2001 stand dann fest: Alles klappt.
Innerhalb von drei Wochen zeichneten 13 sogenannte atypisch stille
Gesellschafter ihre Beteiligungen, kurz darauf kam die
Darlehenszusage und wurde der Mietvertrag mit der Stadt
unterzeichnet. "Das war zeitweise eine ganz schöne
Zitterpartie", meint Peter Gack rückblickend, "es gab
immer wieder neue Unwägbarkeiten und Unsicherheiten – jede Minute
hätte das Projekt ebenso gut auch scheitern können." Aber er
hat es geschafft – und heute ist er heilfroh darüber.
So froh offensichtlich, dass er sich schon an die
Planung der nächsten Solar-Projekte macht. Denn das FOS-Dach war
gar nicht groß genug, um alle Investitionswilligen auch
tatsächlich zu beteiligen. Deshalb hat Gack nun das Dach der
Gaustadter Grundschule im Visier, während Ludwig Trautmann-Popp vom
BN auf dem E.T.A.-Hoffmann-Gymnasium eine Photovoltaik-Anlage
installieren möchte. Dass das "Bamberger Sonnendach"
schon vor seiner Inbetriebnahme Schule macht, zeigen die vielen
Anfragen, die Peter Gack inzwischen erreichen. In Bischberg,
Hallstadt und Staffelstein stehen energie-engagierte Bürger und
Bürgerinnen bereits in den Startlöchern, aber auch aus dem
Landkreis Hof und Niederbayern meldeten sich schon erste Nachahmer.
Für den Stadtrat und energiepolitischen Sprecher
der GAL hat das "Sonnendach" verständlicherweise auch
eine politische Dimension. Er kritisiert seit Jahren die
"träge Energiepolitik der Stadt und der Stadtwerke": Die
Stadt verwirkliche keine eigenen Projekte mit alternativen Energien,
sie setze daher zu wenig Impulse. Außerdem gebe die Stadt
Privatleuten praktisch keine Informationen über
Fördermöglichkeiten. "Mit dem Sonnendach möchten wir
erreichen, dass der Funke überspringt, dass Bamberg sich zu einer
Solarstadt entwickelt."
Als Messlatte sieht der ehrgeizige GAL-Stadtrat die
"Solarbundesliga", eine Ranking-Liste, an deren Spitze
derzeit das brandenburgische Geesow liegt. Dort sind bereits 1412
Watt Solarstromleistung pro Kopf über installiert – das ist
tausendmal so viel wie in Bamberg (nach Inbetriebnahme des
Sonnendachs!). In dieser Bundesliga wird Bamberg mit bald 1,4 Watt
pro Kopf ungefähr auf Platz 127 rangieren - das ist nicht gerade
umwerfend, aber immerhin: knapp über dem Bundesdurchschnitt von 1,3
Watt.
Diese vielleicht sonnigen Aussichten mögen auch
eine Art Belohnung für die zwanzig Tatkräftigen am Freitag
nachmittag gewesen sein – neben den Dankeschön-Päckchen, die sie
überreicht bekamen: Grüntee "Green Energie" und eine
Sonnenblume als Schwimmkerze.
Peter Gack, der Initiator des Sonnendachs, und Katharina
Müllerschön bei der Montage
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