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Resolution der GAL Bamberg, verabschiedet beim GAL-Plenum am 20.9.01

Kampf dem Terror - Nie wieder Krieg !

 

Am 11. September haben Terroristen in unmenschlicher und abscheulicher Weise besetzte Zivilflugzeuge als Bomben benutzt und damit tausende Menschen in New York und Washington umgebracht. Seit Tagen verstärkt die US-Armee ihre Präsenz im Nahen Osten. Georg W. Bush bereitet einen militärischen Gegenschlag vor. Unterstützt wird er in einer bislang kaum dagewesenen Art von vielen bundesdeutschen Medien.

Gleichzeitig versichern Bundeskanzler und die Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag "uneingeschränkte" Solidarität und sichern Unterstützungmaßnahmen auch durch die Bundeswehr zu.

Wir stehen damit vor einer weltpolitischen Ausnahmesituation, in der auch die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Rolle spielt, zudem in der Regierungsbeteiligung.

Dazu können und dürfen wir als grün-alternative politisch denkende Menschen nicht schweigen.

Die Anschläge auf das World-Trade-Center und das Pentagon waren zweifellos abscheuliche Verbrechen. Die Kriminellen, die diese Verbrechen begangen haben, müssen gefunden, vor Gericht gestellt und bestraft werden. Für die Verfolgung von Verbrechern sind in "zivilisierten" Gesellschaften Polizei und Justiz zuständig. Da es sich bei den Gesuchten wohl um international tätige und vernetzte Kriminelle handelt, ist auch bei der Ahndung dieser Straftaten die internationale Gemeinschaft gefragt - primär also die UNO. Angesichts der positiven Haltung Russlands und der VR China gibt es für die gemeinsame Verfolgung der Terroristen eine Chance, die wohl noch nie zuvor so groß war. Diese Chance, die ganz neue Perspektiven für eine internationale Konfliktbearbeitung und -lösung eröffnen könnte, sollte nicht leichtfertig durch voreilige Vergeltungsschläge gegen "Verdächtige" zunichte gemacht werden. Das heißt nicht, dass eine militärische Unterstützung polizeilicher Maßnahmen gegen die mutmaßlichen Täter von vornherein ausgeschlossen wäre. Diese Maßnahmen müssen jedoch zielgerichtet und ohne Gefährdung unschuldiger Zivilpersonen durchgeführt werden.

Wut und Trauer über Tausende von Opfern sind ebenso verständlich wie der Wunsch nach Rache und Vergeltung. "Zivilisierte" Staaten zeichnen sich jedoch dadurch aus, dass sie - auch wenn es schwer fällt - nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, sondern auch den übelsten Kriminellen ein rechtsstaatliches Verfahren angedeihen lassen. Wer sich zu blindwütigen Racheakten hinreißen lässt und zur Selbstjustiz greift, dementiert seinen eigenen Anspruch der "Zivilisiertheit". Und: "Zivilisiert" handeln, heißt auch: den Mut und die Entschlossenheit zu besitzen, die Spirale von Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen. Denn wer jetzt mit ziellosen Vergeltungsschlägen unschuldige Zivilisten zu Opfern macht, schafft neue Märtyrer und die Basis für neuen Hass und damit für eine weitere Generation von Terroristen. Eine solche Eskalation gefährdet dann in der Tat die Basis für eine zivilisierte Gesellschaft.

Ohne auch nur den winzigsten Anflug von Verständnis für die bestialischen Anschläge von New York und Washington zu empfinden, muss es erlaubt sein, nach den Ursachen des Hasses zu fragen, der diese Terrorakte motiviert hat. Dies bedeutet keine in irgendeiner Art möglichen Rechtfertigung dieser Terrorakte. Bei der Analyse der Ursachen kommen rasch die ungelöste Palästinafrage und auch die amerikanische Außenpolitik, die seit Jahrzehnten von den eigenen Kapital- und Machtinteressen dominiert wird, ins Blickfeld. Schließlich war und ist es die Außenpolitik der USA, die demokratische Entwicklungen in vielen Ländern dieser Erde blockierten. Viel zu häufig wurden wirtschaftliche Interessen der USA den humanitären Entwicklungen und Bestrebungen in diesen Ländern übergeordnet. Viel zu häufig wurden dabei unliebsame politische Systeme von Seiten der USA und dessen Geheimdienstes bekämpft und westlich orientierten "Führern" an die Macht geholfen. Gerade wenn Politik das Ziel hat, in Zukunft solche wahnsinnigen Terrorakte zu vermeiden und zu verhindern, dann kann es keine "uneingeschränkte Solidarisierung" mit der US-amerikanischen Regierungspolitik im Sinne einer vorbehaltlosen Unterstützung jedweder Vergeltungsmaßnahmen geben, wie sie in den ersten Stellungnahmen von Bundeskanzler Schröder zum Ausdruck gekommen ist. Gerade wenn es gilt den weltweiten Terror zu bekämpfen, heißt dies vor allem, die Ursachen des Terrors zu bekämpfen.

Die GRÜNE Partei ist deshalb aufgefordert, alles Erdenkliche zu tun, um eine Eskalation der Gewalt zu verhindern. Es darf keinen Krieg gegen unschuldige Menschen - sei es in Afghanistan oder sonstwo auf der Welt geben. Bereits jetzt sind Tausende von Menschen, darunter viele Frauen und Kinder, auf der Flucht und das in einer Situation, in der die Ernährungsfrage für 3 Millionen Afghanen vollkommen ungeklärt ist.

Eine "zivilisierte" Gesellschaft würde sich gerade dadurch auszeichnen, diesem Wahnsinn ein Ende zu setzen und nicht durch Kriegsdrohungen zu verstärken.

Eine "zivillisierte" Gesellschaft würde sich dadurch auszeichnen, die Ursachen des Terrors zu bekämpfen. Hierzu gehört die Schaffung eines fairen Weltwirtschaftssystems, die Bekämpfung der sozialen Ungleichheit und des sozialen Elends auf dieser Welt. Der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, wies am 18.9. anlässlich einer Pressekonferenz zum Weltkindertag (am 20.9.) darauf hin, angesichts des fürchterlichen Terroranschlags in den USA die Ursachen für den Terror nicht aus den Augen zu verlieren: "Am selben Tag, an dem in den USA 5000 Menschen durch den zu verabscheuenden Terroranschlag ums Leben gekommen sind, starben weltweit 50.000 Menschen an Hunger. Die meisten darunter Kinder". Er forderte die USA auf, die Kinderkonvention der Vereinten Nationen zu unterzeichnen und sich der Verantwortung für die Ursachen des Terrors nicht zu entziehen.

Eine "zivilisierte" Gesellschaft würde sich dadurch auszeichnen, nicht tagtäglich Terrorregime durch wirtschaftliche Hilfen zu unterstützen und Waffenexporte in solche Gebiete zuzulassen.

Eine zivilisierte Gesellschaft würde sich dadurch auszeichnen, den Erhalt kulturellen Eigenheiten vor die zügellosen Interessen einer weltweiten Globalisierung zu stellen.

Eine zivilisierte Gesellschaft würde sich dadurch auszeichnen, endlich humanitäre Hilfen und das Ziel der sozialen Gerechtigkeit vor dem egoistischen Ziel der Vermehrung des eigenen wirtschaftlichen Wohlstands zu stellen.

Die GRÜNE Partei, die angetreten ist mit dem Ziel, die Außenpolitik zu entmilitarisieren, ist aufgefordert, sich für die Verhinderung eines Krieges gegen Unschuldige und für die tatsächliche Bekämpfung des Terrors und damit für die Beseitigung der Ursachen des Terrors einzusetzen. Dies ist um so notwendiger, als der von den meisten grünen Abgeordneten mitgetragene Bundestagsbeschluss vom 19.09. eine weitere Stufe in der Automatik der Kriegsrhetorik bedeutet.