Kampf dem Terror - Nie wieder Krieg !
Am 11. September haben Terroristen in
unmenschlicher und abscheulicher Weise besetzte Zivilflugzeuge
als Bomben benutzt und damit tausende Menschen in New York und
Washington umgebracht. Seit Tagen verstärkt die US-Armee ihre
Präsenz im Nahen Osten. Georg W. Bush bereitet einen
militärischen Gegenschlag vor. Unterstützt wird er in einer
bislang kaum dagewesenen Art von vielen bundesdeutschen
Medien.
Gleichzeitig versichern Bundeskanzler und die
Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag
"uneingeschränkte" Solidarität und sichern
Unterstützungmaßnahmen auch durch die Bundeswehr zu.
Wir stehen damit vor einer weltpolitischen
Ausnahmesituation, in der auch die Partei BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN eine Rolle spielt, zudem in der Regierungsbeteiligung.
Dazu können und dürfen wir als
grün-alternative politisch denkende Menschen nicht schweigen.
Die Anschläge auf das World-Trade-Center und
das Pentagon waren zweifellos abscheuliche Verbrechen. Die
Kriminellen, die diese Verbrechen begangen haben, müssen
gefunden, vor Gericht gestellt und bestraft werden. Für die
Verfolgung von Verbrechern sind in "zivilisierten"
Gesellschaften Polizei und Justiz zuständig. Da es sich bei
den Gesuchten wohl um international tätige und vernetzte
Kriminelle handelt, ist auch bei der Ahndung dieser Straftaten
die internationale Gemeinschaft gefragt - primär also die
UNO. Angesichts der positiven Haltung Russlands und der VR
China gibt es für die gemeinsame Verfolgung der Terroristen
eine Chance, die wohl noch nie zuvor so groß war. Diese
Chance, die ganz neue Perspektiven für eine internationale
Konfliktbearbeitung und -lösung eröffnen könnte, sollte
nicht leichtfertig durch voreilige Vergeltungsschläge gegen
"Verdächtige" zunichte gemacht werden. Das heißt
nicht, dass eine militärische Unterstützung polizeilicher
Maßnahmen gegen die mutmaßlichen Täter von vornherein
ausgeschlossen wäre. Diese Maßnahmen müssen jedoch
zielgerichtet und ohne Gefährdung unschuldiger Zivilpersonen
durchgeführt werden.
Wut und Trauer über Tausende von Opfern sind
ebenso verständlich wie der Wunsch nach Rache und Vergeltung.
"Zivilisierte" Staaten zeichnen sich jedoch dadurch
aus, dass sie - auch wenn es schwer fällt - nicht Gleiches
mit Gleichem vergelten, sondern auch den übelsten Kriminellen
ein rechtsstaatliches Verfahren angedeihen lassen. Wer sich zu
blindwütigen Racheakten hinreißen lässt und zur
Selbstjustiz greift, dementiert seinen eigenen Anspruch der
"Zivilisiertheit". Und: "Zivilisiert"
handeln, heißt auch: den Mut und die Entschlossenheit zu
besitzen, die Spirale von Gewalt und Gegengewalt zu
durchbrechen. Denn wer jetzt mit ziellosen
Vergeltungsschlägen unschuldige Zivilisten zu Opfern macht,
schafft neue Märtyrer und die Basis für neuen Hass und damit
für eine weitere Generation von Terroristen. Eine solche
Eskalation gefährdet dann in der Tat die Basis für eine
zivilisierte Gesellschaft.
Ohne auch nur den winzigsten Anflug von
Verständnis für die bestialischen Anschläge von New York
und Washington zu empfinden, muss es erlaubt sein, nach den
Ursachen des Hasses zu fragen, der diese Terrorakte motiviert
hat. Dies bedeutet keine in irgendeiner Art möglichen
Rechtfertigung dieser Terrorakte. Bei der Analyse der Ursachen
kommen rasch die ungelöste Palästinafrage und auch die
amerikanische Außenpolitik, die seit Jahrzehnten von den
eigenen Kapital- und Machtinteressen dominiert wird, ins
Blickfeld. Schließlich war und ist es die Außenpolitik der
USA, die demokratische Entwicklungen in vielen Ländern dieser
Erde blockierten. Viel zu häufig wurden wirtschaftliche
Interessen der USA den humanitären Entwicklungen und
Bestrebungen in diesen Ländern übergeordnet. Viel zu häufig
wurden dabei unliebsame politische Systeme von Seiten der USA
und dessen Geheimdienstes bekämpft und westlich orientierten
"Führern" an die Macht geholfen. Gerade wenn
Politik das Ziel hat, in Zukunft solche wahnsinnigen
Terrorakte zu vermeiden und zu verhindern, dann kann es keine
"uneingeschränkte Solidarisierung" mit der
US-amerikanischen Regierungspolitik im Sinne einer
vorbehaltlosen Unterstützung jedweder Vergeltungsmaßnahmen
geben, wie sie in den ersten Stellungnahmen von Bundeskanzler
Schröder zum Ausdruck gekommen ist. Gerade wenn es gilt den
weltweiten Terror zu bekämpfen, heißt dies vor allem, die
Ursachen des Terrors zu bekämpfen.
Die GRÜNE Partei ist deshalb aufgefordert,
alles Erdenkliche zu tun, um eine Eskalation der Gewalt zu
verhindern. Es darf keinen Krieg gegen unschuldige Menschen -
sei es in Afghanistan oder sonstwo auf der Welt geben. Bereits
jetzt sind Tausende von Menschen, darunter viele Frauen und
Kinder, auf der Flucht und das in einer Situation, in der die
Ernährungsfrage für 3 Millionen Afghanen vollkommen
ungeklärt ist.
Eine "zivilisierte" Gesellschaft
würde sich gerade dadurch auszeichnen, diesem Wahnsinn ein
Ende zu setzen und nicht durch Kriegsdrohungen zu verstärken.
Eine "zivillisierte" Gesellschaft
würde sich dadurch auszeichnen, die Ursachen des Terrors zu
bekämpfen. Hierzu gehört die Schaffung eines fairen
Weltwirtschaftssystems, die Bekämpfung der sozialen
Ungleichheit und des sozialen Elends auf dieser Welt. Der
Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers,
wies am 18.9. anlässlich einer Pressekonferenz zum
Weltkindertag (am 20.9.) darauf hin, angesichts des
fürchterlichen Terroranschlags in den USA die Ursachen für
den Terror nicht aus den Augen zu verlieren: "Am selben
Tag, an dem in den USA 5000 Menschen durch den zu
verabscheuenden Terroranschlag ums Leben gekommen sind,
starben weltweit 50.000 Menschen an Hunger. Die meisten
darunter Kinder". Er forderte die USA auf, die
Kinderkonvention der Vereinten Nationen zu unterzeichnen und
sich der Verantwortung für die Ursachen des Terrors nicht zu
entziehen.
Eine "zivilisierte" Gesellschaft
würde sich dadurch auszeichnen, nicht tagtäglich
Terrorregime durch wirtschaftliche Hilfen zu unterstützen und
Waffenexporte in solche Gebiete zuzulassen.
Eine zivilisierte Gesellschaft würde sich
dadurch auszeichnen, den Erhalt kulturellen Eigenheiten vor
die zügellosen Interessen einer weltweiten Globalisierung zu
stellen.
Eine zivilisierte Gesellschaft würde sich
dadurch auszeichnen, endlich humanitäre Hilfen und das Ziel
der sozialen Gerechtigkeit vor dem egoistischen Ziel der
Vermehrung des eigenen wirtschaftlichen Wohlstands zu stellen.
Die GRÜNE Partei, die angetreten ist mit dem
Ziel, die Außenpolitik zu entmilitarisieren, ist
aufgefordert, sich für die Verhinderung eines Krieges gegen
Unschuldige und für die tatsächliche Bekämpfung des Terrors
und damit für die Beseitigung der Ursachen des Terrors
einzusetzen. Dies ist um so notwendiger, als der von den
meisten grünen Abgeordneten mitgetragene Bundestagsbeschluss
vom 19.09. eine weitere Stufe in der Automatik der
Kriegsrhetorik bedeutet.
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