Pressemitteilung vom 16.12.2003 Gymnasien als "Turbo-Pauk-Anstalten"? GAL kritisiert "wüste Sparmaßnahmen" der Staatsregierung "Ein solch unausgegorenes, konzeptionsloses und polterndes Hopplahopp-Verfahren hätte man nicht mal der bayerischen CSU zugetraut." Deutliche Worte fand der bildungspolitische Sprecher der GAL-Stadtratsfraktion, Wolfgang Grader, als seine Fraktion sich mit den Plänen der bayerischen Staatsregierung zum achtjährigen Gymnasium (G8) beschäftigte. Das G8 sei als Reaktion auf die PISA-Studie völlig abwegig, so Grader, der selbst als Lehrer an einer Hauptschule arbeitet. "Mehr Investitionen wären angesagt, nicht wüste Sparmaßnahmen." Die Umwandlung der Gymnasien in "Turbo-Pauk-Anstalten" werde die Qualität der Bildung in Bayern verschlechtern. Über eine Verkürzung der Gymnasialzeit könne man diskutieren, aber nur unter bildungspolitischen Gesichtspunkten und nur aufgrund eines stichhaltigen pädagogischen Konzepts. GAL-Fraktionsvorsitzende Petra Friedrich warf Ministerpräsident Stoiber außerdem vor, dass er noch kurz vor den Landtagswahlen Änderungen nur mit Einbeziehung der Betroffenen zugesagt habe. "Jetzt will er das G8 mit Hauruck und gegen die berechtigten Einwände von Lehrkräften, Eltern, Schülern und Schülerinnen durchpeitschen - das ist Wählertäuschung!" Bezüglich der angeblich guten Erfahrungen, die man seit September mit einer fünften Klasse im Schulversuch G8 am Bamberger Clavius-Gymnasium gemacht habe, äußerte sich Friedrich skeptisch. Nach ihren Informationen hat die Klasse des G8-Zugs vergleichsweise viel bessere Bedingungen als andere: nur 23 Kinder seien in dieser Klasse, während die Klassenstärke am CG sonst bei über 30 liege, die Hauptfach-Lehrkräfte bekämen Entlastungsstunden angerechnet, der Klassenraum sei überdurchschnittlich gut ausgestattet und die Klasse werde darüber hinaus im Schulalltag besonders gefördert. "Dass die Kinder sich in dieser Klasse wohl fühlen, ist erfreulich, erlaubt aber keine allgemeingültigen Rückschlüsse auf das G8. Eine Schulsituation wie für diese Klasse würden wir uns für alle wünschen – sie wäre aber nicht mit Stoiberscher Kürzungspolitik zu erreichen, sondern mit mehr Geld für bessere Bildung." Vehement kritisierte Wolfgang Grader, dass die bayerische Staatsregierung das pädagogisch wertvolle Konzept der Ganztagsschule nun als rein finanzpolitisches Instrument missbrauchen wolle. "Wer das neunte Gymnasiums-Jahr auf die Nachmittage von acht Jahren verteilt, hat ersichtlich nur den Rotstift im Kopf, aber nicht die Bedürfnisse von Schülern und Schülerinnen." Die Ganztagsschule als bildungspolitische Zukunftsvision bedeutet nach Graders Meinung nicht einfach eine "Verlängerung des Stundenplans". Ziel des Ganztagskonzepts müsse sein, Neigungen und Fähigkeiten der Schüler und Schülerinnen gezielt zu fördern, Unterrichtseinheiten in der Praxis fortzusetzen und gemeinschaftliche Projekte z.B. mit Verbänden umzusetzen. "Das wäre eine echte Schulreform, die aber nicht von heute auf morgen zu beschließen ist und mehr statt weniger Investitionen fordert", betonte Grader.